Freitag, 29. Januar 2016

Erinnerungsfetzen III - Spießrutenlauf

Heute erzähle ich wiedermal eine Begebenheit aus der Babyzeit des Großen, die sich ins Gehirn eingebrannt hat, weil sie so charakterisch und kräftezehrend war. Er war ein knappes halbes Jahr alt, meine Eltern waren zu Besuch und wir machten einen Ausflug in den Tier- und Freizeitpark Germendorf, den wir schon kannten, bevor wir Eltern wurden. Eine Woche vor der Geburt des Großen waren wir hochschwanger dort gewesen und wussten, das nächste Mal würden wir mit einem Baby wiederkommen. So war es dann auch, nur dass alles ganz anders gekommen war, als wir es uns vorgestellt hatten.

Ich vermute mal, dass der Große auf der halbstündigen Fahrt im Auto etwas geschlafen hatte, obwohl er sich damit ja schwer tat und meist hysterisch schrie. Mit Sicherheit war der Schlaf wieder einmal zu kurz, er wachte ja auch sofort auf, wenn das Auto (oder der Kinderwagen) stehenblieb. Wir waren noch nicht lange im Freizeitpark, da wurde er schon wieder unruhig. Ich stillte, wir trugen ihn weiter herum, er wurde quengelig, ich stillte wieder, er zappelte, meine Eltern übernahmen, es half nichts, sobald man ihn in den Kinderwagen legte, fing er an zu schreien, wie üblich. Der Untergrund war leider sehr glatt, also nicht einschlafförderlich. Ich wollte ihn eigentlich durch das Stillen etwas dösig machen und dann auf dem Arm in den Schlaf schuckeln, so dass wir ihn in den Wagen legen könnten. Pustekuchen. Es war zu unruhig, zu fremd, zu viele Eindrücke, zuviel "Jetzt schlaf doch endlich!". Wir schirmten ihn ab, ich suchte mir ruhige Ecken, stillte immer wieder, aber es half alles nichts. Eltern verzweifelt, Großeltern hilflos. Wir wollten doch nicht schon wieder umkehren!

Es gab keine andere Möglichkeit, als ihn zum Schlafen zu zwingen. Er wehrte sich sowieso fast immer dagegen und es war jedesmal ein Spießrutenlauf, bis er eingeschlafen war. Das aber, was folgte, war der allerschlimmste Spießrutenlauf der ganzen Babyzeit. Da keiner von uns 4 Erwachsenen Erfolg damit hatte, ihn zu beruhigen und sanft zum Schlafen zu bewegen, er sich immer mehr aufbäumte und völlig überdreht und überreizt war, weiteres Herumtragen und Stillen nur noch mehr dazu beigetragen hätten und keiner irgendeine Initiative ergriff, weil jeder ratlos war, wusste ich mir nicht anders zu helfen, als ihn in den Kinderwagen zu legen und loszufahren. Er schrie, als ob die Welt untergehen würde, und der unvermeidliche Kommentar "Da hat aber einer Hunger!" ließ nicht auf sich warten. Ich schrie die Dame an, die Nerven lagen blank... Es gab eine einzige, kurze (vielleicht 100 m lange) Strecke, die gepflastert war und richtig holperte. Diese Strecke fuhr ich mit dem hysterisch schreienden Kind im Wagen bestimmt 30 Mal ganz langsam auf und ab. Es ruckelte wunderbar und unter "normalen" Umständen wäre er nach wenigen Minuten eingeschlafen. Aber er war auf 180, schrie sich die Seele aus dem Leib und es dauerte sehr lange, bis der Weg seine Wirkung zeigte. Bis dahin wäre ich abwechselnd am liebsten im Boden versunken und heulend weggerannt. Es war furchtbar! Und bei allen anderen Eltern schliefen die Kinder natürlich seelenruhig im Wagen.

Quelle: Pixabay

Meine Mutter schaute mich hilflos und mitleidig an, wann immer ich ihren Weg kreuzte. Ich fühlte mich von aller Welt verlassen, allein mit einem schreienden Baby, das sich nicht beruhigen ließ. Ich weinte, wie oft beim Kinderwagenschieben. Als er endlich, endlich eingeschlafen war, fühlte ich mich leer und ausgebrannt. Ich wusste, es hatte keine andere Möglichkeit gegeben, aber es war trotzdem einfach nur schrecklich. Für ihn, für mich, für alle Beteiligten. Wie schön es früher gewesen war, als wir einfach selbstbestimmt solche Ausflüge gemacht hatten. Als er sicher und tief schlief, übernahmen abwechselnd mein Mann und meine Eltern den Kinderwagen. Man musste ja schieben, durfte nicht stehenbleiben und Kaffee trinken. Er schlief sehr lange, hatte es also nötig gehabt. Danach war er ausgeruht und wir verbrachten noch einige Zeit im Freizeitpark. Ich glaube, er schrie dann im Auto auf dem Nachhauseweg wieder, aber nichts übertraf den Spießrutenlauf im Freizeitpark.

Ich weiß, dass es die richtige Entscheidung war, aber es war eine unglaublich zermürbende, verzweifelte, kräftezehrende Situation, die mir bis heute deutlich vor Augen steht. Und die ich deshalb mit euch teilen möchte. Der eine belastende Aspekt war sein unstillbares, unberuhigbares, durch Übermüdung und Überreizung hervorgerufenes Schreien, das wir auch aus vielen anderen Situationen kannten. Der andere war das Gefühl, dass ich allein für sein Wohlbefinden und sein Seelenheil verantwortlich bin. Beides zusammengenommen war einfach zuviel. An diesem Tag und in seiner gesamten Babyzeit.

Und hier die bisherigen Erinnerungsfetzen:
Erinnerungsfetzen I
Erinnerungsfetzen II

Montag, 25. Januar 2016

Wie die Kleine den Großen Zärtlichkeiten lehrte

Die Kleine befindet sich gerade auf einem absoluten Zenit ihrer Kuscheligkeit. Bin ich in der Nähe, werden die Ärmchen um meinen Hals gelegt, die Wange an meiner gerieben, Küsse verteilt, gestreichelt, geknuddelt und geherzt. Am Esstisch kommt sie mir so nah wie möglich, will oft auch auf meinem Schoß sitzen und schnurrt wie ein Kätzchen. Bin ich woanders, läuft sie "Mami, Mami" oder "Mimi, Mimi"-rufend durch die Wohnung und sucht mich: "Wo ist meine Mami?" Abends beim Einschlafen kuschelt sie ihr Gesicht an meines, rutscht auf meine Seite rüber und legt ein Ärmchen über meinen Hals. Sie nimmt unsere Gesichter in ihre Hände, sagt "Guck mich mal an" und schaut dann intensiv in die Augen. Trage ich sie auf dem Arm, blickt sie mich oft ganz verliebt und inniglich von der Seite an, gibt mir schmatzende Küsschen und legt ihr Köpfchen auf meine Schulter. Sie sagt ganz oft: "Du bist meine Mami, und Du bist ...s [des Großen] Mami." Am ersten Kitatag nach den Weihnachtsferien säuselte sie abends im Bett: "Mami liebe Mami, ich hab Dich vermisst, wir ham uns lange nich gesehn!". Sehr goldig klingt auch "Ich bin in Mamas Bauch gewachsen." Sie ist so anschmiegsam, liebevoll, zugewandt, herzig und kuschelig, das ist für mich total rührend, wunderschön - und ungewohnt.

Quelle: Pixabay

Denn mein erstes Kind, der Große, ist ein durch und durch unkuscheliges Kind gewesen, das Berührungen unangenehm fand und vermieden hat, das nie Küsse und Liebesbekundungen verteilt hat, das unseren Streicheleinheiten ausgewichen ist und sich meist steif gemacht hat, wenn wir ihn in den Arm nehmen wollten. Schon als Baby hat er unsere Hände weggeschlagen, wenn wir ihn streicheln wollten und hat nur bei schwerer Krankheit auf unserem Bauch gelegen. Wenn ihm Begrenzungen zu eng waren, hat er sich mit voller Wucht nach hinten geworfen, überstreckt und geschrien. Zwar wollte er immer getragen werden, aber bitte nicht in einer ankuschelnden Haltung oder in einer Tragehilfe. Es dauerte sehr lange, bis man mit ihm auf dem Sofa gemütlich ein Buch anschauen konnte und er den Körperkontakt akzeptiert hat. Er ist auch nie oder ganz selten an der Hand gelaufen. Bis heute zuckt er manchmal zurück, wenn ich ihm über die Wange streichen will. Damit umzugehen war für uns Eltern - besonders für mich als Mama - sehr schwer.

Meine verstorbene Schwiegermutter berichtete oft, dass mein Mann als Baby genauso war. Damals haben wir das nicht geglaubt und ihr fehlende Zärtlichkeit unterstellt. Ehrlich gesagt hatte ich vorher noch nie von einem anderen Baby gehört, das Kuscheln so vehement ablehnt, dass man als Eltern wirklich keine Chance hat. Man denkt ja immer, Babys und Kleinkinder brauchen Körperkontakt wie die Luft zum Atmen. Auch jetzt würde ich das wahrscheinlich nicht glauben, hätte ich es nicht selbst erlebt. Aber es war so, von Anfang an, dass er zwar sehr anhänglich, stark fremdelnd und unbedingt tragebedürftig war, aber eben völlig unkuschelig, jedem Körperkontakt ablehnend gegenüber eingestellt. Man merkte, dass es ihm körperlich unangenehm war, angefasst zu werden.

Die Kleine hat sich ihre ausgeprägte Kuscheligkeit also weder von ihm abschauen können, noch hat sie uns oft mit ihm kuscheln sehen, weil er es nicht zugelassen hat. Ihr Wesen ist einfach ganz anders. Sie gibt Zuneigung physisch und sie empfängt sie. Es ist ein Wechselspiel. Wie hat sich das auf den Großen ausgewirkt? Zuerst hat der Große das Geschmuse von der Kleinen nach und nach zugelassen und zurückhaltend erwidert. In letzter Zeit lässt er auch von uns mehr Zärtlichkeiten zu. Er hat es wirklich von ihr gelernt, kann man sagen. Sie hat sich nie von seiner Steifheit abschrecken lassen, sondern vergöttert ihn über alles und zeigt ihm das auch. Wir haben natürlich auch über die letzten Jahre immer wieder versucht, ihm unsere Zuneigung auch körperlich zu zeigen, aber er hat das oft abgewehrt. Nun lässt er immer mehr zu und das ist total schön. Es ist eindeutig das Verdienst der Kleinen, und gäbe es sie nicht, wäre er wohl für immer in seinem Schneckenhaus geblieben. Andere Kinder, in diesem Fall die Schwester, schaffen das, was wir Eltern nicht erreichten. Man merkt natürlich, dass ihm Körperlichkeit immer noch generell eher unangenehm ist und er das nicht so sehr braucht wie die Kleine. Aber schon diese minimalen Veränderungen machen etwas aus und bedeuten uns sehr viel. Jede Mama will doch mit ihrem Kind kuscheln (Papas natürlich auch). Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass mittlerweile doch vieles von dem möglich ist, wonach man sich immer gesehnt hat. Er ist jetzt fast 5.

Die Kleine braucht Zärtlichkeiten tatsächlich wie die Luft zum Atmen und verteilt sie auch großzügig. Der Große hat erst durch die Kleine gemerkt, wie schön es sein kann, sich zu herzen und zu kuscheln. In ganz vorsichtigen Schritten fängt er jetzt selbst an, das zuzulassen und selbst zu versuchen, sowohl körperlich als auch verbal. Das ist für ihn eine riesige Wandlung. Wofür doch kleine Schwestern so gut sind!
 
Hier noch ein interessanter Text vom Blog Weddingerberg: Und wenn das Kind gar keine körperliche Nähe will?

Donnerstag, 21. Januar 2016

Elternurteil, Einflussnahme oder Neutralität

Am Neujahrstag habe ich wiedermal gestutzt, inwieweit meine bzw. die Urteile von uns Eltern unsere Kinder beeinflussen, ob man es schaffen kann, ein neutrales Bild von problematischen Dingen zu vermitteln, damit sich die Kinder selbst ein Urteil bilden können oder ob man ihnen gewisse eigene Wertvorstellungen näher bringen soll/darf/muss, damit sie sich orientieren können. Konkret ging es um die auf den Straßen herumliegenden Böller, Raketenreste, Konfetti, abgebrannten Wunderkerzen und Müll aus der Neujahrsnacht. Die Kinder betrachteten den Unrat neugierig und fragten, was das sei. Dazu muss ich sagen, dass wir an Silvester lediglich ein paar Wunderkerzen auf dem Balkon abbrannten und das war's. Bei uns gibt es (bis jetzt) weder Raketen noch Böller.

Quelle: Pixabay

Ich fing also an, kindgerecht zu erzählen, wovon die Verwüstung herrührt und konnte mir natürlich ein gewisses Urteil nicht verkneifen. Ich sagte so sinngemäß, dass viele Menschen an Silvester Feuerwerk und Böller anzünden, dann den Müll auf der Straße liegen lassen und am nächsten Tag extra die Straßenreinigung kommen muss, um das alles wieder zu beseitigen. Und dass das alles, sowohl der Kauf des Feuerwerks als auch die Beseitigung der Überreste, wahnsinnig viel Geld kostet, einen riesigen Müllberg verursacht und deshalb ein großer Quatsch ist. Darin stecken sowohl sachliche, objektive Aussagen als auch mein persönliches Urteil, dass ich es nicht gutheiße. Die Kinder haben nichts weiter dazu gesagt, dafür sind sie noch zu klein. Aber ich fragte mich danach schon, ob ich ihr Bild von Silvester damit beeinflusst habe und ihnen mein Urteil vorgebe. Und ob es überhaupt geht, ihnen Sachverhalte urteilsfrei zu vermitteln, wenn man selbst abgestoßen ist und etwas nicht gut findet. Ja, soll man sie denn völlig neutral aufwachsen lassen und keinerlei Urteile fällen oder schweben sie damit nicht eher im luftleeren Raum und kriegen keine Wertvorstellungen oder Orientierungspunkte vermittelt? Das sind schwierige Fragen, die ich mir zu allen möglichen Themen immer wieder stelle.

Zum Beispiel habe ich persönlich absolut schlechte Erinnerungen an meine Schulzeit, ich habe die Rahmenbedingungen von Schule (nicht das Lernen!) wirklich gehasst und war heilfroh, als die Zeit überstanden war. Im Herbst 2016 wird die Schulanmeldung meines Großen auf der Agenda stehen und das Thema wird dann bis zur Einschulung (und danach erst recht) sicherlich viel Raum bei uns zuhause einnehmen. Bisher versuche ich natürlich, ihm das Thema Schule so neutral wie möglich zu vermitteln und an ihn heranzutragen, aber ich denke mal, es wird nicht ausbleiben, dass ich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen eine Meinung durchschimmern lasse oder er es spürt, ob ich will oder nicht. Schon jetzt sage ich manchmal, wie froh wir sein können, dass wir am Nachmittag in den Park, auf den Spielplatz oder zu Freunden gehen können und nicht über Hausaufgaben sitzen müssen. Oder dass wir morgens noch früher losgehen müssen, wenn er in die Schule geht. Solche Aussagen sollen eigentlich betonen, dass wir die Zeit jetzt noch ausnutzen und genießen sollten, aber darin stecken auch tendenziell negative Urteile über die kommende Schulzeit. Nun mache ich mir Gedanken darüber, ob ich den Großen bzw. die Kinder damit irgendwie beeinflusse.

Ein weiteres Beispiel: ich habe ein Fußballtrauma. Die Männer meiner Familie waren/sind alle fußballbegeistert und nahmen mich als Kind mit ins Stadion. Das Publikum empfand ich als primitiv (sorry an alle Fußballbegeisterten, rein persönliche Empfindung!), für ein hochsensibles Kind war die Stadionerfahrung wirklich eine Zumutung. Außerdem wurde bei uns zuhause Fußball im Radio und Fernsehen rücksichtslos und in einem Ausmaß gehört bzw. geschaut, das ich schon damals als Kind, aber erst recht jetzt als Mutter für völlig übertrieben halte. Ich bin also geprägt und naturgemäß gibt man Prägungen in irgendeiner Form weiter. Auch wenn ich mich immer dazu anhalte, möglichst neutral zu bleiben, erwische ich mich dabei, dass ich versuche, den Großen zum Weitergehen zu animieren und abzulenken, wenn er bei einem Fußballspiel stehenbleibt. Sollte er jemals den Wunsch äußern, Fußball zu spielen, werde ich vermutlich sehr zurückhaltend darauf reagieren (verwehren werde ich es ihm natürlich nicht). Wird er das spüren? Ist es überhaupt schlimm, wenn er das spürt, oder nicht vielmehr völlig normal, dass auch die Eltern Vorlieben und Aversionen zeigen?

Keiner von uns ist in einem neutralen Umfeld aufgewachsen, jeder hat Urteile, Prägungen und Einflüsse erfahren. Manches gibt man genauso oder ähnlich weiter, manches verändert sich, anderes schlägt genau ins Gegenteil um. Komplett werteneutral kann man mit Sicherheit nicht erziehen. Aber ist das denn überhaupt gut? Sollen Kinder nicht vielmehr Werte und Urteile von Eltern und anderen Bezugspersonen erfahren, um aus diesen Meinungen und Einschätzungen ein eigenes Urteil bilden zu können? Dazu kommt ja auch noch, dass nicht nur ich als Mutter, sondern auch der Vater und andere enge Bezugspersonen Einfluss auf die Kinder nehmen und aufgrund ihrer eigenen unterschiedlichen Prägungen auch verschiedene Werte und Einflüsse weitergeben. Der Charakter des Kindes spielt eine große Rolle. Was mich selbst betrifft, so habe ich in vielen Aspekten einen komplett anderen Weg eingeschlagen und andere Urteile entwickelt als die, die ich von zuhause mitbekommen habe. Schon als Kind habe ich gewisse Dinge verabscheut, obwohl ich diesem Einfluss tagtäglich ausgesetzt war. Das rührt aus meinem extrem autonomen Charakter her. Ich merke aber natürlich auch in meiner Umgebung, dass viele andere Erwachsene entweder unreflektiert oder aus Überzeugung das weitertragen, was ihnen selbst in ihrer Kindheit vermittelt wurde.

Ich weiß noch nicht, welchen Weg meine Kinder einschlagen werden. Ich frage mich halt nur, ob man eher (anständige) Urteile und Werte entwickeln kann, wenn man so neutral wie möglich erzogen und möglichst wenig beeinflusst wird oder ob es im Gegenteil fruchtbarer ist, Kinder mit (auch entgegengesetzten) Werten zu konfrontieren, damit sie sich ggf. abgrenzen oder identifizieren können? Wie geht man am besten damit um, wenn der andere Elternteil, die Großeltern oder andere Bezugspersonen Werte und Urteile vermitteln, die man nicht so gutheißt oder nachvollziehen kann? Also z.B. konkret: der von meinem Großen sehr geliebte Opa, mein Vater, ist Fußballfan, wie oben beschrieben, ich selbst habe dagegen ein Fußballtrauma. Jede dieser Perspektiven hat seine Berechtigung und ist subjektiv richtig. Wie verhält man sich da in Situationen, wo beide Auffassungen aufeinanderprallen? Versuche ich neutral zu bleiben, ärgere ich mich vielleicht, dass die andere Seite dies nicht macht. Bin ich nicht neutral, prallen zwei Auffassungen aufeinander und die Gefahr besteht, dass das Kind das Gefühl bekommt, sich zwischen den beiden geliebten Menschen entscheiden zu müssen. Das ist nur ein belangloses Beispiel von vielen anderen aus dem Alltag. Oftmals geht es ja um sehr viel entscheidendere Probleme. Sollen Kinder so lange wie möglich "leere", unbeeinflusste Menschlein bleiben und man sich deshalb mit eigenen Beurteilungen zurückhalten, damit sie ihren Weg finden können, oder schon früh verschiedensten Einschätzungen und Wertvorstellungen ausgesetzt werden - auch, damit sie ihren Weg finden können, nur auf andere Art und Weise?

Was meint ihr bzw. wie handhabt ihr das? Und wie war es in eurer Kindheit, wie war eure Erziehung in dieser Hinsicht geprägt? Ich freue mich auf eure Denkanstöße und Anregungen.

Und hier der Link zu einem von mir inspirierten Beitrag auf dem Blog More than Words: Werte? Ja, bitte!

Montag, 18. Januar 2016

Liebenswerte Macken meiner Kinder

Die Januar-Linkparty des Blogs Verflixter Alltag hat das Thema "Liebenswerte Macken". Beim Lesen des Aufrufes dachte ich, ich könnte sofort einen Beitrag runterschreiben, aber ich musste dann doch richtig überlegen und über Tage hinweg sammeln, weil mir auf Anhieb gar nicht soviel einfiel. Ich glaube ja, dass man schon sehr früh Eigenarten und Charakterzüge von Kindern und damit auch die Unterschiede von Geschwistern erkennen kann. Aber vielleicht ist das auch nur bei Kindern mit sehr ausgeprägtem Charakter so? Mir fällt es nicht schwer, über Wesenseigenheiten und Charakterzüge meiner Kinder zu schreiben, aber Macken? Macken sind ja eher etwas Veränderliches, während Charaktereigenschaften eher feststehend sind. Wo ist die Grenze? Bei meinem Großen kommt hinzu, dass ich einige seiner "Eigenarten", die andere als Macken bezeichnen würden (z.B. seine Probleme mit kratzenden Klamotten) eindeutig auf die Hochsensibilität zurückführe und sie deshalb nicht als Macken ansehe, sondern als zu seinem Wesen dazugehörig. Genauso ist es bei seiner Abneigung gegen Veränderungen und Übergänge, seiner Wut beim Verlieren im Spiel und seinem Ruhebdürfnis. Eine Macke ist auch etwas, über das ich schmunzele und Scherze machen kann, z.B. über den Quatsch oder die (im Vergleich zum Großen) vielen Dummheiten, die die Kleine so macht. Das kann und mag ich über viele der Besonderheiten des Großen nicht machen, weil ich sie ernst nehme. Insofern ist es manchmal schwierig, eine Unterscheidung zu treffen, und deshalb würde ich am Großen weniger Macken festmachen wollen als an der Kleinen. Seine Eigenheiten sehe ich tatsächlich eher als feste Charaktereigenschaften, während die Eigenheiten der Kleinen eher mehr oder weniger liebenswerte Macken und damit potentiell veränderlich sind. So empfinde ich es jedenfalls bisher. Ich bin gespannt, ob sich das im Laufe der Zeit noch verändert.

Großer (4 Jahre 10 Monate):

- das Abendprogramm mit dem Papa muss täglich genau gleich durchgezogen werden, inklusive Rückenkraulen und genauer Reihenfolge etc. (Wenn ich ihn ausnahmsweise mal ins Bett bringe, klappt es aber auch, wenn ich was anders mache.)
- möchte gern von mir "gelaust" werden, d.h. ich soll ihm den Kopf kraulen und die Kopfhaut kratzen (dazu muss man sagen, dass er sonst überhaupt nicht gern angefasst, gestreichelt oder gekuschelt wird). Das "Lausen" rührt noch von unserer Läuseerfahrung vor einem Jahr her und dass ich seitdem die Kinder regelmäßig absuche.
- ist sehr kitzelig und will auch regelmäßig ausgekitzelt werden, allerdings schlägt das Lachen beim Kitzeln und Toben blitzschnell um in Weinen, wenn es zuviel wird
- steht oft direkt vor einer Sache und sieht sie nicht
- wenn er sich selbst wehgetan hat, ist immer ein anderer schuld, der ihn - Zitat - "abgelenkt" hat
- wenn ein Tröpfchen in die Unterhose gegangen ist, schaut er mich mit einem ganz bestimmten Blick an, so dass ich Bescheid weiß und ihn ohne Erwähnung umziehe

Kleine (2 Jahre 8 Monate):

- öffnet einen Joghurtbecher und isst grundsätzlich entweder nur einen Löffel oder gar nichts (ähnlich bei vielen anderen Dingen außer Süßigkeiten;)) oder wünscht sich etwas zum Abendbrot und rührt dann keinen Bissen an
- kurz bevor sie im Auto einschläft, legt sie ihr Beinchen auf mein Bein (ich sitze neben ihr); abends beim Einschlafen legt sie ihren Arm über meinen Hals
- lässt am Esstisch gern Sachen runterfallen, man weiß nicht genau, ob aus Versehen oder absichtlich, tut aber ganz naiv
- will am Tisch immer "neben Mami" sitzen
- besteht abends darauf, im Bett die Zähne geputzt zu kriegen
- ist lauffaul, läuft aber kurioserweise bereitwilliger und ausdauernder, wenn man allein mit ihr unterwegs ist (ohne den Großen)
- bestimmt ganz genau, wer sich wann um sie kümmern (anziehen etc.) soll und sagt auch genau, was sie anziehen will
- räumt gern mein Portemonnaie aus und verteilt sämtliche Karten
- liebt es, immer und immer wieder Fotos auf dem Handy anzuschauen und erzählt auch dazu, wo was gewesen ist
- fragt mich immer wieder nach den Namen der Mamas und Papas der Kitafreunde und anderer Bekannter, kann das ewig durchkauen
- hasst Haarewaschen
- findet es zwar spannend, Spangen und Zopfgummis im Haar zu haben, entfernt sie aber nach kurzer Zeit selbst wieder
- zieht gern alle möglichen Schuhpaare aus dem Schuhschrank raus und trägt sie dann in der Wohnung spazieren (inkl. Gummistiefel)
- ist sehr eifersüchtig, sowohl auf ihren Bruder als auch auf andere Kinder, die ich auf den Arm nehme, und kreischt oder weint dann schnell
- manchmal beißt sie vor Begeisterung oder wenn sie ihre Zuneigung ausdrücken will und erschreckt sich dann selbst

Die nervigste Macke beider Kinder ist aber: sie müssen grundsätzlich auf die Toilette (gern auch großes Geschäft), wenn wir am Esstisch sitzen. Sonst können sie übrigens stundenlang aushalten;). Da unsere Mahlzeiten sowieso schon selten länger als 10 Minuten andauern, ist es besonders frustrierend, davon noch 5 Minuten mit einem oder beiden Kindern auf dem Klo zu verbringen. Kann man eigentlich nur mit Humor nehmen, klappt aber leider nicht immer;)

Sollten mir noch aktuelle Macken ein- oder auffallen, werde ich diese Liste ergänzen oder vielleicht mit einigem Abstand nochmal eine neue Aufzählung schreiben. Es ist mir jedenfalls - schwergefallen, das muss ich sagen.

Für mehr Macken schaut bei Verflixter Alltag rein.

Mittwoch, 13. Januar 2016

Die fehlende Familienseite

Letztens unterhielt ich mich mit dem Großen über seine Großeltern väterlicherseits. Über den Opa, der schon sehr alt ist und bald sterben wird. Der dann dort begraben wird, wo die Oma, seine Frau, schon liegt. Dann können wir die beiden dort im Wald (in einem Ruheforst) besuchen. Da, wo der große Ameisenhaufen ist und die roten Waldameisen über die Füße laufen, so dass man nie lange stehenbleiben kann. Ein Mal im Jahr, wenn wir im Urlaub an der Ostsee sind, könnten wir den Gedenkbaum im Ruheforst aufsuchen. Dieser Opa ist 90 Jahre alt, lebt im Pflegeheim und ist dement. Im Leben meiner Kinder ist er überhaupt nicht präsent. Im letzten Jahr hat der Große ihn zweimal gesehen und weiß zumindest, wer er ist. Die Kleine sah ihn einmal und hatte verständlicherweise Angst vor ihm. Für sie ist er völlig fern.

Es fühlt sich komisch und traurig an, dass unsere Kinder von Anfang an mit nur einer aktiven Großelternseite aufwachsen. Meine Schwiegermutter starb überraschend und innerhalb weniger Wochen, als unser Großer gerade mal 5 Monate alt war. Mit einem knappen halben Jahr war er auf seiner ersten und bisher einzigen Beerdigung. Zwei Mal hatte die Oma ihn seit seiner Geburt noch gesehen, sie, die all die Jahre so mitgefiebert hat. Das tut mir unendlich leid. Sicherlich hätten wir diametral entgegengesetzte Vorstellungen vom Umgang mit Kindern, aber die habe ich teilweise auch mit Menschen meiner Generation. Sicherlich hätten wir auf vieles, was sie in ihrem gewohnt unerbittlichen Ton kundgetan hätte, gekränkt reagiert, hätten uns geärgert und die Kinder nicht nur aufgrund ihres Alters nicht mit ihnen allein gelassen. Das Verhältnis war nie besonders gut und es gab viele Konfliktpunkte. Aber ich denke trotzdem, dass es schön und wichtig für meine Kinder gewesen wäre, wenn sie auch diese Seite der Familie kennengelernt hätten. Wenn sie eine Auswahl zwischen der Sympathie für den einen oder den anderen Opa gehabt hätten. Wenn diese Oma zu ihnen gesagt hätte: "Dein Papa war als Kind genauso." Wenn sie eine andere Lebenswirklichkeit von Großeltern als die meiner Eltern kennenlernen könnten. Wenn sie ihren Papa in seinem Familienkontext erlebt hätten. Als Sohn seiner Eltern. Das fehlt alles.

Ich weiß, dass ich des öfteren zusammengezuckt wäre und die Stirn gerunzelt hätte, so wie ich es auch bei meinen eigenen Eltern mache. Meine Schwiegereltern waren sehr eigen und in ihrer Themenauswahl recht eindimensional. Bei meinem Schwiegervater gab es nur den Krieg und sein Hobby und meine Schwiegermutter war ähnlich, wenn auch interessierter. Zur Lebenswelt kleiner Kinder hätten da nur wenige Berührungspunkte existiert. Aber es wäre interessant gewesen, ob eine besondere Chemie zwischen einem der Großeltern und einem der Kinder existiert hätte, so wie zwischen dem Großen und meinem Vater, die ein Herz und eine Seele sind, obwohl sie sich nur selten sehen. Es wäre besonders für mich spannend gewesen, mehr Dinge über die Kindheit meines Mannes zu erfahren, um vielleicht die Seiten an den Kindern, die ich nicht einordnen kann, besser zu verstehen. Vielleicht könnten die Kinder ihrerseits auch ihren Papa besser verstehen. Und nicht zuletzt wäre es für ihn schön gewesen, seine Eltern mit seinen beiden Kindern zusammen zu sehen.

Natürlich hätten sie aufgrund ihres Alters und ihrer Gebrechlichkeit keine große Rolle spielen können. Aber es hätte immerhin mehr gegeben als jetzt. Es gibt ein paar Erinnerungsstücke an meine Schwiegermutter, Fotos und einen einzigen Film mit dem Großen als Baby und diesen Großeltern. Das Grab der Oma. Und das Pflegeheimzimmer meines Schwiegervaters. Nichts, was für Kinder greif- und fassbar wäre. Zwar kennen sie es nicht anders und wachsen damit auf. Aber es bleibt das Gefühl, dass etwas fehlt. Da mein Mann keine Geschwister hat, fehlt sozusagen dieser komplette Familienstrang. Es fehlt die Seite, nach der meine Kinder mit Nachnamen heißen. Eine Familiengeschichte, eine Familientradition, ein Familiencharakter. Das ist schade und traurig, aber nicht zu ändern.

Meine Eltern haben dadurch eine privilegierte Stellung inne. Sie sind DIE Oma bzw. DER Opa, ohne Konkurrenz, ohne Druck, sich um die Kinder bemühen zu müssen. Alles, was sie tun und sind, wird für die Kinder das Nonplusultra eines Großelterndaseins sein, weil sie nichts anderes kennen. Sie werden denken, alle Großeltern haben eine ähnlich modern und picobello eingerichtete Wohnung wie meine Eltern. Sie werden denken, alle Großeltern machen Weltreisen. Oder Großeltern fahren Auto, spielen Fangen und puzzeln stundenlang. Bei meinen Schwiegereltern hätte all das nicht zugetroffen, und ich hätte es wichtig gefunden, wenn meine Kinder auch diese Aspekte der Großelternwelt kennengelernt hätten. Es ist nicht zu ändern, aber das Gefühl, dass eine Familienseite fehlt, bleibt.

Nachtrag vom 15.02.2016:
Am Sonntag, 14.02.2016 abends ist der Opa, der Vater meines Mannes, an den Folgen einer Lungenentzündung, aber ruhig und friedlich im Pflegeheim verstorben. Mein Mann und der Große hatten ihn am Freitag und Samstag noch besucht und sich bewusst verabschiedet. Nun wird der Große mit seinen knapp 5 Jahren bald seine zweite Beerdigung erleben.

Freitag, 8. Januar 2016

Hochsensible Kinder und ihre Emotionen: "Wie Betty das Wut-Gewitter bändigt" (Buchrezension mit Verlosung)

Nach meiner Rezension von Philipp zähmt den Grübelgeier möchte ich ein weiteres Buch nicht über, sondern FÜR hochsensible Kinder vorstellen, das mir der auf Hochsensibilität spezialisierte Festland Verlag freundlicherweise zur Verfügung stellte. Es handelt sich um das gerade erschienene Buch Wie Betty das Wutgewitter bändigt von Stefanie Kirschbaum mit Illustrationen von Anne Wöstheinrich. Das Buch ist gebunden, hat 92 Seiten und kostet € 17,50 (bzw. € 16,90 direkt beim Festland Verlag).

Es beinhaltet 10 Kurzgeschichten zum Vorlesen und Selberlesen, von denen am Ende des Buches sogar die Lesezeit angegeben ist und die anschaulich bunt illustriert sind. Sie erzählen von den Stolpersteinen und Herausforderungen hochsensibler Kinder, von Rückschlägen und Erfolgserlebnissen, von Hautsensitivität und Geruchsempfindlichkeit, Lautstärke, Einsamkeit, Unverständnis, Angst vor Veränderungen, Freude an der Natur, Ruhebedürfnis etc. Und vor allem zeigen sie die Mechanismen auf, wie in den sanften, zurückhaltenden hochsensiblen Kindern manchmal eine gewaltige Wut und ungeheure Aggressionen aufsteigen können, die sie selber nicht verstehen. Im Mittelpunkt steht diesmal eine weibliche Protagonistin, die achtjährige Betty, die mit ihren Eltern, ihrem Bruder und dem Hund zusammenwohnt und in die 3. Klasse geht.

In der dritten Geschichte, "Der Tag, an dem alles verkehrt läuft", ist wunderbar kindgerecht und pointiert alles beschrieben, was hochsensiblen Kindern zu schaffen machen und dazu führen kann, dass ein Wut-Gewitter im Bauch entsteht: Hunger und Unterzuckerung, der Mangel an Ruhe und Rückzug, mehrere unangenehme und unschöne Erlebnisse hintereinander, Unverständnis und mangelnde Gerechtigkeit, Illoyalität, Unehrlichkeit und fehlende Ernsthaftigkeit. Betty explodiert an einem solchen Tag und wird auch körperlich aggressiv, um die angestaute negative Energie zu entladen. Dann hilft nur der durch Bezugspersonen unterstützte Rückzug aus der Situation, Ruhe, Verständnis und der Gang in die Natur, in Bettys Fall der Besuch des Ponys Momo. In dieser Geschichte steckt eigentlich alles drin, was man im Umgang mit hochsensiblen Kindern wissen und möglichst beachten sollte. Und die Lösung bzw. Heilung ist auch noch enthalten. Eine ganz wunderbare, anrührende Erzählung! Ich wünschte wirklich, jemand hätte mir meine Besonderheiten in dieser Form nahegebracht.

Eine ganz wichtige Bezugsperson für Betty ist Oma Trude, die ihr zuhört, sie ernst nimmt und versucht, ihr Lösungen und Strategien zu vermitteln, mit ihrer Hochsensibilität und ihrer Wut umzugehen. Zum Beispiel, sich die Wut wie ein galoppierendes Pferd vorzustellen und zu lernen, es zu lenken und im Zaum zu halten. Auch im Kunstunterricht bei ihrem Lieblingslehrer lernt sie, ihre Emotionen ausdrücken und anders zu zeigen sowie Lösungen für unangenehme Dinge zu finden. Genau dafür steht die siebte Geschichte, "Betty entwirft Mode", in der Betty einen unkonventionellen, kreativen Weg geht, um ein unheimlich kratzendes Kleidungsstück so zu verändern, dass sie es tragen kann. Das sind wunderbar einfache und eingängige Beispiele für hochsensible Kinder, wie sie lernen können, für sich selbst Sorge zu tragen, wenn die Umwelt sie nicht versteht.

Bettys Eltern haben mal mehr, mal weniger Verständnis für ihre Besonderheiten, aber Oma Trude sagt, dass sie als Kind genauso war wie Betty und ihre Mama viel geschimpft hat. Daraufhin geht auch der Papa in sich und entschuldigt sich dafür, dass er vorher sagte: "Ja, ja, unsere Betty ist ein überempfindliches Kind. Irgendwas kratzt und piekt immer, nicht wahr, Betty?" (S. 71f.) Die Eltern spiegeln das Unverständnis der Gesellschaft, obwohl sie ihr Kind eigentlich am besten kennen. Schön dagegen ist die Geschichte Nr. 2, in der die Eltern eine Lösung für das Problem des gemeinsamen Kinderzimmers, das für Bettys Ruhebedürfnis absolut fatal ist, finden und auch durchführen.

Ganz wichtig ist auch der Aspekt der Freundschaften. Hochsensiblen Kindern wird aufgezeigt, wie bedeutend es ist, sich einige wenige, enge Freunde zu suchen und diese Freundschaften auch zu pflegen, um sich nicht gänzlich allein zu fühlen. So findet Betty einen ihr wesensmäßig ähnlichen Freund und hat aber u.a. auch eine Freundin, die ziemlich anders ist als sie. Auch dies wird als fruchtbar und wichtig vermittelt, da gegensätzliche Charaktere sich stärken und fördern können.

Das Buch ist sehr kindgerecht, anschaulich und lebendig geschrieben und gezeichnet. Es ist toll, dass es nun neben dem Grübelgeier-Philipp mit Betty eine weitere Identifikationsfigur für hochsensible Kinder gibt. Genau das brauchen sie. Sie brauchen Akzeptanz, Verständnis, Unterstützung und Hilfe dabei, ihre Besonderheit in ihrem Leben zu berücksichtigen. Und für die oft sehr überwältigenden Emotionen hochsensibler Kinder (und Erwachsener) bedarf es einer Anleitung, um konstruktiv und heilsam damit umzugehen. All dies lehren diese Geschichten. Ein absolut empfehlenswertes Kinderbuch!

Verlosung

Ich freue mich, ein weiteres Exemplar des Buches Wie Betty das Wutgewitter bändigt verlosen zu dürfen. Um in den Lostopf zu hüpfen, hinterlasst mir bitte hier einen Kommentar darüber, was euch an dem Thema interessiert und, falls ihr ein hochsensibles Kind habt, wie ihr mit seinen Emotionen umgeht. Zusätzlich würde ich mich freuen, wenn ihr mir auf Facebook folgt und mir hier ein Herzchen gebt. Ist aber keine Bedingung. Bitte gebt euren Namen an, sonst kann ich euch nicht berücksichtigen!

Die Verlosung läuft bis zum 24.01.2016, 23:59 Uhr. Unter allen bis dahin eingehenden Kommentaren wird der Gewinner/die Gewinnerin ausgelost und hier sowie auf Facebook bekanntgegeben. Die Verlosung steht in keinem Zusammenhang mit Facebook. Versand nur innerhalb Deutschlands. Mindestalter 18 Jahre. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Viel Glück!

Danke an den Festland Verlag für das Rezensions- und das Verlosungsexemplar.

Dieser Beitrag enthält Affiliate Links.

Montag, 4. Januar 2016

Neue Entwicklungen und Erkenntnisse aus den Weihnachtsferien


11 Tage Weihnachtsferien sind zuende, in denen es einige neue, positive und überraschende Entwicklungen gab, mit denen wir so nicht gerechnet hatten und die die Ferien erträglicher, um nicht zu sagen wesentlich entspannter machten als beispielsweise die Weihnachtsferien vor einem Jahr, wo sich zwar ähnliche Entwicklungen schon abzeichneten, aber noch sehr labil und durchwachsen waren. Nach dem anstrengenden und unglücklichen Heiligabend und der kleinen, schönen Kurzreise schloss sich noch eine knappe Woche zuhause an, die insgesamt erfreulich verlief. Zwar waren die Ferien diesmal 5 Tage kürzer als letztes Jahr, was viel ausmacht, und ich war nach Weihnachten an 2 Vormittagen arbeiten, was zumindest mir ein wenig Abwechslung brachte, aber die Qualität des Zuhausebleibens mit den Kindern war deutlich eine andere und das machte sich für alle positiv bemerkbar.

Das für mich schönste Ergebnis der Weihnachtsferien war, dass wir den Großen sichtlich wieder aufgepäppelt haben. Er hatte seit der Kitaübernachtung ausgesehen wie eine wandelnde Leiche, war unheimlich blass, seine Augen waren ohne Glanz und er wirkte auch nach seiner Genesung kraftlos und ausgezehrt. Ich dachte, das würde nie wieder weggehen! Seit den letzten Ferientagen aber hatte sein Gesicht wieder Farbe, die Augen waren größer und strahlten und er machte wieder einen spritzigen, fitten Eindruck. Jedesmal, wenn ich ihm am Tisch gegenüber saß, fiel mir das auf und machte mich froh. Er braucht wahrscheinlich tatsächlich viel Ruhezeit zuhause, Pausen im normalen Alltag und keine Anforderungen, die auf ihn einprasseln. Wir werden versuchen, das zukünftig noch mehr zu berücksichtigen, ihn am Wochenende bewusst zuhause lassen, wenn es geht und ihm zuhause regelmäßig Ruhe verschaffen. Da wir Eltern an den letzten Ferientagen mit Gliederschmerzen zu kämpfen hatten und draußen wirklich eine sibirische Kälte herrschte, fiel uns das Drinbleiben leichter als sonst.

Dazu trug auch bei, dass die Kinder erstmals über längere Zeit zusammen spielten, und zwar ohne uns. Oft war einer von uns noch dabei, aber es klappte auch schon ganz allein, vor allem direkt nach dem Frühstück. Sie hatten sich nun richtig als Spielkameraden gefunden und akzeptiert und wussten etwas miteinander anzufangen. Das ist vor allem das Verdienst der Kleinen, die den Großen immer wieder animierte, ihm Ideen lieferte, ihm Dinge sagte. Sie hat in den Ferien einen weiteren ungeheuren Sprachschub gemacht und spricht jetzt mit ihren 2 Jahren und 8 Monaten fast fehlerlos und perfekt. Ich hätte nie im Leben gedacht, dass ein so kleines Kind solch eine Sprachbeherrschung haben kann und auch aktiv anwendet. Sie verblüfft mich immer wieder und ich frage mich immer, von wem sie das hat, sind beide Eltern doch nicht gerade "Redekünstler" (wobei ich mit den Kindern schon immer viel geredet habe). Hinzu kommt, dass die Kleine nun tatsächlich anfängt, Rollen- und Nachahmungsspiele zu spielen, was noch vor einem halben Jahr (wie hier beschrieben) völlig utopisch war. Sie spricht mit ihren Puppen, trägt sie herum, wickelt sie ein, macht die "Kacka" weg", sie spielt mit ihrem Playmobil Kinderspielplatz, den sie zu Weihnachten bekam, sie spielt mit den Rittern des Großen und auch auf dem neuen Hochbett mit ihm. Am liebsten bauen sie im Wohnzimmer Höhlen aus den Kissen unseres Sofas, verkleiden sich als Gespenster oder spielen Verstecken. Natürlich gibt es auch den einen oder anderen Knatsch, Streit und auch Aggressionen, aber im Großen und Ganzen verliefen die Ferien recht friedlich. Wesentlich friedlicher als die Nachmittage und Abende im Kitaalltag, wenn beide aufgeputscht und überreizt sind und keiner richtig Ruhe findet. Das war diesmal wirklich schön zu sehen.

Für uns Eltern war die Zeit trotzdem anstrengend, weil wir in unserer Wohnung keinen Rückzugsbereich haben, wo man die Kinder auch nicht hört und abschalten kann. Zwar war es oft für einen von uns möglich, sich zurückzuziehen, aber die Geräuschkulisse hat man halt trotzdem, die zumindest mich am Abschalten hindert. Ich war aber insgesamt ausgeglichener und gelassener als früher, was aber auch ein Wechselspiel mit der Selbstständigkeit der Kinder ist. Spielen sie mal allein und habe ich etwas Zeit für mich, bin ich ausgeglichen. Muss ich ständig parat stehen und funktionieren, bin ich gereizt und angespannt. Insofern bedingt sich das gegenseitig. Ich merke aber heute, an meinem freien Tag, wie die Anspannung in meinem Körper steckt und dass die freie Zeit nicht annähernd ausreicht, um mich zu regenerieren. Aber immerhin besser, als sofort wieder zu starten. Trotzdem muss man eindeutig sagen, dass im Vergleich zu den letzten Jahren, als es tatsächlich nicht möglich war, mit den Kindern auch nur einen halben Tag zuhause zu bleiben und immer einer von uns raus musste, eine deutliche Verbesserung eingetreten ist. Man kann jetzt schon soviel mit ihnen machen oder auch mal auf dem Sofa mit ihnen abhängen, Fotos auf dem Handy anschauen etc., so dass man sich selber auch entspannt. Der Große hat viel mit seiner neuen Ritterburg und seinen Rittern gespielt, gepuzzelt, gemalt und vorgelesen gekriegt. Das beste Geschenk für die Kleine war eindeutig das Tiptoi Liederbuch. Sie liebt es über alles, singt und tanzt dazu, nimmt es jeden Tag zur Hand und kennt jede Seite. Da habe ich einen perfekten Treffer gelandet;). Auch mit ihrer Kinderküche, ihrer Kasse und eben den Puppen spielte sie viel. Mein Mann hat mir zu Weihnachten ein Fotobuch mit Fotos aus unseren letzten Gartenjahren geschenkt, was sie auch gern mit mir anschaute. Beide Kinder waren auch oft in Kuschelstimmung, wobei die Kleine sofort untröstlich eifersüchtig wurde, wenn ich mit dem Großen (der ja bekanntlich kein Kuschelfreund ist), mal kurz kuschelte. Das ist ein bisschen schwierig zu händeln.

Die Kleine ist weiterhin unheimlich anhänglich an mich, will teilweise bei den Mahlzeiten auf meinem Schoß sitzen und kriecht manchmal förmlich in mich rein. Von einer nächtlichen Trennung ganz zu schweigen;). Sie vergöttert ihren Bruder und hat nochmal einen großen Bewusstseinsschub gemacht. Sie verbalisiert Dinge und stellt Fragen, die wir vom Großen bis heute noch nie gehört haben. Die Unterschiedlichkeit unserer Kinder ist immer wieder spannend zu sehen, birgt oft auch Konfliktpotential (z.B. wenn man am Esstisch dem Großen eine Frage stellt und dieser lange, sehr lange über die Antwort nachdenkt, die Kleine aber in ihrer quirligen Art und schnellen Auffassungsgabe schon dazwischenquatscht, wir dann vermitteln müssen und jeder sich irgendwie unverstanden fühlt), ist aber für uns auch immer wieder schön und entlastend. Wenn die Kinder es schaffen, ihre Sturheit zurückzustellen, können sie sich in Zukunft wunderbar als Geschwister ergänzen und gegenseitig stärken und fördern. Das kommt im normalen Alltag oft zu kurz oder geht unter. Diesmal hatten sie die Zeit und Gelegenheit dazu, einander besser kennenzulernen, und waren auf sich geworfen, ohne viel äußere Bespaßung. Wir hoffen, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl nun ein wenig anhält und unser Zusammenleben weniger konfliktreich und laut ist. Das würde allen zugute kommen.

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