Mittwoch, 4. Februar 2015

Angst vor dem Vergessen

Eigentlich habe ich ein sehr gutes Gedächtnis. Das hat mir oft geholfen, mich aber manchmal auch belastet. In letzter Zeit merke ich zu meiner großen Bestürzung, dass ich viele Sachen aus der Zeit vor und der Anfangszeit mit den Kindern vergesse und mich öfter fragen muss: "Wie war das und das nochmal beim Großen?". Selbstverständlich habe ich mir damals Notizen gemacht, wenn auch nicht so ausführlich, wie ich es mir jetzt manchmal wünschen würde. Ich erinnere mich auch an viele kleine Szenen (vor allem an die vielen schwierigen). Und die grundlegende  Erinnerung an das schreckliche erste Jahr mit dem Großen bleibt auch immer präsent. Ich bin niemand, der negative Erinnerungen verdrängt, im Gegenteil, ich muss mich oft aktiv bemühen, mich an die positiven Momente zu erinnern. Aber es wird sovieles überlagert durch die aktuelle Entwicklung der Kinder, den ganzen organisatorischen Kram (ich weiß, das nimmt in der Schule noch größere Ausmaße an), die Arbeit und auch durch viel persönlichen und virtuellen Austausch über die Kinder anderer Leute.

Mir macht dieses fortschreitende Vergessen wirklich Angst und ich bedauere es zutiefst, dass ich erst so kurz blogge. Wahrscheinlich ist das Bloggen auch ein wenig als Reaktion darauf, dass mir bewusst wurde, wie ich anfange zu vergessen, entstanden. Entgehen könnte man diesem Gedächtnisschwund in meinen Augen nur, wenn man frühere Erlebnisse immer und immer wieder reproduziert und mit jemandem bespricht. Aber finde mal jemanden, der dazu bereit ist. Abgesehen davon habe ich seit den Kindern gar nicht mehr die Kraft, Dinge immer wieder zu besprechen. Dazu kommt, dass ich selbst auch eine enorme Entwicklung hinsichtlich meiner Geduld und "Leidensfähigkeit" gemacht habe. Ich ertrage jetzt vieles besser, woran ich mich in den letzten Jahren aufgerieben habe, wodurch mein Verständnis für meine eigene, damals oft schwierige Situation zwangsläufig abnimmt. Ich weiß zwar noch, wie ich mich manchmal gefühlt habe und dass ich eben nicht anders konnte, als so und so zu empfinden, aber es ist nicht mehr so unmittelbar verständlich. Nicht mal für mich selbst. Abgesehen davon ist natürlich die Gesamtsituation einfach durch das Älterwerden der Kinder auch erträglicher geworden. Es spielt vieles rein.

Ich möchte aber nicht vergessen und auch nicht nivellieren. Deshalb ist es immer wieder mein Bedürfnis, hier, auf Twitter, Facebook und in persönlichen Gesprächen, meine Erinnerungen gerade an die schwere Anfangszeit besonders mit dem Großen zu reflektieren. Deshalb schreibe ich auch mitunter sehr sehr lange Texte. Das ist Aufarbeitung, Erinnerung und Reflexion gleichzeitig. Ich konsultiere dann immer wieder meine Notizen und Kalender. Und wenn ich etwas lese, taucht vieles wieder in meinem Kopf auf. Oft weine ich auch. Das tut gut und bringt die Erinnerung zurück, und ist zwar schmerzhaft, aber meine persönliche Strategie gegen das Vergessen.

Wie empfindet ihr das? Merkt ihr, dass eure Erinnerung aufgrund der Fülle neuer Daten nachgelassen hat? Oder ist euer Gedächtnis wegen des intensiveren Erlebens mit den Kindern sogar besser geworden?

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